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Diakonie informiert darüber, wie Menschen ohne festen Wohnsitz an der Europawahl teilnehmen können
Der Mann mit Jeansjacke, dunklem Kapuzenpulli und schweren Taschen über der Schulter schaut sich suchend um in der Weißfrauen Diakoniekirche. Heute will er wissen, wie er bei der Europawahl abstimmen kann, auch ohne festen Wohnsitz. Der Mann, der sich als „John“ vorstellt und mal in Frankreich und mal in Polen gelebt hat, sagt: „Ich möchte meine Stimme abgeben.“ Zurzeit lebt er auf der Straße, „ein Zimmer zum Wohnen“ sucht er dringend.
Auch Angelo ist zur Informationsveranstaltung über die Europawahl des WESER5 Diakoniezentrums, der Diakonie Hessen und des ArmutsNetzwerks gekommen, die von der Glücksspirale unterstützt worden ist. Vor fünf Jahren, bei der letzten Europawahl, sagt Angelo, „war es bei mir noch anders“. Damals lebte er in einer Wohnung. Heute, sagt er, hätte er ohne die Veranstaltung noch nicht einmal gewusst, wann die Europawahl ist.
Rund 30 Interessierte aus ganz verschiedenen Zusammenhängen sind an diesem Nachmittag in die Weißfrauen Diakoniekirche gekommen. Unter ihnen auch Michael Dahmen und Karsten Dunzweiler, Beide waren früher selbst obdachlos, Michael Dahmen engagiert sich heute im ObdachlosenExpress in Darmstadt, Karsten Dunzweiler im ArmutsNetzwerk. Beide erzählen den Zuhörenden vor den goldenen Sternen der Europaflagge, warum es so wichtig ist, wählen zu gehen: „Wenn ich nicht wählen gehe, entscheiden andere“, sagt Dunzweiler. „Wählen heißt, Verantwortung zu übernehmen“, ergänzt Dahmen und: „Wenn ich darauf verzichte, wählen zu gehen, verzichte ich darauf, meine eigene Zukunft zu gestalten.“
Aber wie gelingt das Menschen ohne festen Wohnsitz? Zwei Mitarbeiter des städtischen Wahlamtes sind in die Diakoniekirche gekommen, um das zu erklären. Es ist der zweite Anlauf. Beim ersten Mal, an einem anderen Ort, kam niemand. Ihre wichtigste Botschaft: Alle, die Staatsbürger:in der Europäischen Union und mindestens 16 Jahre alt sind, dürfen wählen. Auch ohne Wohnsitz. Aber sie benötigen einen Eintrag im Wählerverzeichnis. Voraussetzung dafür ist, dass sie einen Ausweis besitzen und glaubhaft versichern, dass sie seit mindestens drei Monaten in der EU leben. Ab dem 29. April können sie persönlich ins Briefwahllokal an der Stiftstraße 29 beim Eschenheimer Tor kommen. Einen Termin brauchen sie nicht, der Eintrag ins Wählerverzeichnis ist kostenlos und anschließend ist im Briefwahllokal direkt die Stimmabgabe möglich.
Angelo findet das gut, nicht zweimal loszumüssen. Einen Ausweis hat er auch. Diesmal, bei der Europawahl, will er mitmachen. Eine Wahl hat er schon verpasst, sagt er ärgerlich, „jetzt weiß ich Bescheid.“
Der Eintrag ins Wählerverzeichnis, der bis zum 17. Mai im persönlichen Gespräch im Briefwahllokal möglich ist, gilt allerdings nur für die Europawahl. An der Kommunalwahl teilzunehmen ist Menschen ohne Wohnsitz nicht möglich. Eine Frau aus dem Publikum fragt nach, warum das nicht geht. „Landesgesetz“, sagt der junge Mann vom Wahlamt. Auf die Frage eines Zuhörenden, wen er denn wählen soll, schüttelt der städtische Mitarbeiter lächelnd den Kopf: „Das darf ich nicht sagen“.
Die Tabletts mit Kuchen und Brezeln sind inzwischen leer. Michael Dahmen und Karsten Dunzweiler schenken sich noch einen Kaffee ein. Warum er extra aus Darmstadt gekommen ist, um andere zum Wählen zu motivieren? „Aus Wertschätzung für Wohnungslose“, sagt Dunzweiler, „es ist eine heikle Sache, obdachlos zu werden.“ Er weiß, wovon er spricht.
Die Barber Angels sind am Sonntag im Kleiderladen der Diakonie in Offenbach zu Gast
Ein Haarschnitt kann die Welt verändern. Zumindest ein bisschen. Weil sie wissen, wie wichtig ein guter Schnitt fürs Selbstbewusstsein ist, schlossen sich Friseurinnen und Friseure vor einigen Jahren zu den Barber Angels zusammen. In ihrer Freizeit sind die Profis für diejenigen aktiv, die sich einen Haarschnitt im Salon nicht leisten können. Am Sonntag, 28. April 2024, von 12 bis 15 Uhr sind die Barber Angels beim Sozialdienst Offenbach Wohnungsnotfallhilfe zu Gast. Die Frauen und Männer in schwarzer Kluft packen ihre blitzenden Scheren, Rasierer und Kämme auf Einladung der Diakonie Frankfurt und Offenbach aus, und zwar im Kleiderladen an der Lortzingstraße 10 in Lauterborn.
Die Barber Angels bieten ihre Leistungen für Menschen ohne Wohnung oder mit geringen Einkünften an diesem Sonntag kostenfrei an. Wenn die Profis ihren Kundinnen und Kunden die Friseurumhänge umlegen, kommt gleich gute Stimmung auf. Neben der Begegnung mit den sympathischen Friseurinnen und Friseuren gibt es außerdem kostenlosen Kuchen, Kaffee und Würstchen. Thomas Quiring, der Leiter des Sozialdienstes Offenbach Wohnungsnotfallhilfe der Diakonie Frankfurt und Offenbach freut sich auf die Barber Angels. Er weiß wieviel Selbstvertrauen der neue Haarschnitt in manchen Gästen der Teestube der Diakonie weckt: „Manchmal reicht der neue schicke Schnitt, um den Mut aufzubringen, zu einem Bewerbungsgespräch zu gehen und so dem Leben eine neue Richtung zu geben.“
Die Barber Angels Die Barber Angels hatte Figaro Claus Niedermaier Ende 2016 gegründet. Sein Ziel, möglichst viele Kolleginnen und Kollegen zum Mitmachen zu bewegen, hat er erreicht, die Barber Angels sind nicht nur deutschlandweit, sondern auch in verschiedenen europäischen Ländern im Einsatz. Die Frauen und Männer in rockigen Klamotten begegnen ihren Gästen voller Respekt und geben ihnen ein neues Selbstwertgefühl, das bei der Wohnungssuche oder auf dem Weg in einen Job enorm unterstützt. In Offenbach waren die Barber Angels aus dem Rhein-Main-Gebiet bereits mehrere Male zu Gast.
Nasrin und Annett bilden ein Tandem beim Mentoring-Programm SOCIUS für Migrant:innen und Geflüchtete
Eigentlich hat Nasrin zwei Wünsche: Sie möchte Arbeit finden und besser Deutsch lernen. Die Iranerin floh vor sechs Jahren vor dem Mullah-Regime nach Deutschland. In einer Frankfurter Kita fand sie eine Teilzeitarbeit als Küchenhilfe. Doch der Vertrag nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz lief Ende 2023 aus, seitdem ist sie auf der Suche nach einer neuen Arbeit, am liebsten wieder in einer Kita. Zuhause sitzen, das kann sie nicht gut. Auch das Deutschlernen ließ sich nicht so einfach an, erzählt Nasrin. In ihrer Kirchengemeinde zum Beispiel, die sie seit mehreren Jahren besucht, bestand der Kontakt lediglich aus einem „Guten Morgen“. Dabei hätte die 57-Jährige so gerne mit einer anderen Frau Kontakt gehabt und Deutsch gesprochen.
Küchenhelferin in der Kita Im März 2023 änderte sich das. Seitdem ist Nasrin Mentee im Mentoring-Programm SOCIUS. Einmal in der Woche trifft sie sich für rund drei Stunden mit ihrer Mentorin Annett. So wie heute. Die beiden Frauen sitzen in der Stadtbücherei im Höchster BiKuZ. Rechts und links spielen Jugendliche Karten, machen ihre Hausaufgaben. Nasrin und ihre Mentorin Annett lächeln sich an. Im Moment arbeiten sie mit vereinten Kräften daran, eine neue Arbeit für Nasrin zu finden, erneut als Küchenhilfe in einer Kindertagesstätte. Annett unterstützt ihre Mentee beim Bewerbungen schreiben und bereitet mit ihr Vorstellungsgespräche vor. „Nasrin ist eine gute Köchin“, sagt Annett. Eine Arbeit zu haben ist existentiell wichtig, denn Nasrins Aufenthaltsstatus ist nur noch bis Ende 2024 gesichert. Um anschließend eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten, müsste sie ihr Deutsch stark verbessern oder eine unbefristete Arbeit finden.
Ich suchte immer jemanden, der mit mir Deutsch spricht „Gott sei Dank habe ich Annett kennengelernt“, sagt Nasrin. Eine Mitarbeiterin einer evangelischen Beratungsstelle hatte ihr vom Mentoring-Programm SOCIUS für Migrant:innen und Geflüchtete der Evangelischen Kirche in Frankfurt und Offenbach erzählt. „Davor hatte ich vier Jahre gewartet, ich habe immer jemanden gesucht, mit dem ich Deutsch sprechen kann, aber ich habe niemanden gefunden“, sagt Nasrin. Und sie fügt hinzu: „Jetzt mit SOCIUS, ist eine gute Frau gekommen.“
SOCIUS führt Mentor:innen und Mentees zusammen Annett hört aufmerksam zu und lächelt. Auch sie war auf der Suche – nach einem Ehrenamt. „Via Instagram bin ich auf SOCIUS gestoßen“, sagt sie. „Das Programm ist sehr gut strukturiert und erfordert nicht zu viel Zeitaufwand.“ Auch die gute Qualifizierung der Mentor:innen, die in verschiedenen Modulen über zwölf Monate erfolgte, hat Annett in ihrem Engagement bestärkt: „Wir hatten sehr gute Referent:innen und konnten immer Fragen stellen. SOCIUS-Mitarbeiterin Sina Tamar Arndt vermittelt im Anschluss an die Qualifizierung Mentees und Mentor:innen: „Es muss zusammenpassen, das ist wichtig.“ Die Ausbildungsgruppe trifft sich weiterhin und reflektiert in regelmäßigen Supervisionssitzungen Fragen, die sich in der Praxis mit den Mentees ergeben: „Die Supervision ist toll und es ist sehr schön, von den anderen Tandems zu hören“, sagt Annett.
Sie lässt sich nicht unterkriegen Annett und Nasrin, das SOCIUS-Tandem, spricht während der Treffen Deutsch. Mal meldet sich Annett mit ungeklärten Fragen beim Energielieferanten Süwag, mal beim Jobcenter – das Telefon ist laut gestellt, damit Nasrin mithören kann. Sie ist froh über die Unterstützung: „Am Telefon ist es schwer für mich, alles gut zu verstehen, und manchmal weiß ich nicht, welches Wort ich jetzt nutzen soll“, sagt Nasrin. Annett hilft nicht nur bei Papieren und im Gespräch mit Behörden. Sie ermutigt Nasrin auch, ihren Weg weiterzugehen: „Sie hat so viel alleine geschafft, sie lässt sich nicht unterkriegen.“
Meine Arbeit im Iran war Gesichts-Yoga Inzwischen geht Nasrin in die Freie evangelische Gemeinde Frankfurt am Oeder Weg. Dort besucht sie donnerstags die persische Bibelgruppe, isst an manchen Tagen zu Mittag, nimmt an Ausflügen teil und immer freitags geht sie zum Sprachcafé. Aber im Moment fühlt sie sich „hin- und hergerissen“ zwischen besser Deutsch lernen und einen Job suchen, erzählt die Mutter zweier erwachsener Söhne. Wieder Arbeit zu finden, nach zwei Jahren als Küchenhilfe, ist ihr wichtig. Dann überzieht ein Lächeln ihr Gesicht: „Meine Arbeit im Iran war Gesichts-Yoga. In Deutschland ist die Sprache sehr wichtig, daher arbeite ich als Küchenhelferin.“ Aber Muskeln und Nerven zu behandeln und Gesichtsmassagen zu geben, das ist ihr eigentliches Metier.
Späße machen vieles leichter Annett, der die persische Kultur vertraut ist, achtet bei den Treffen immer darauf, „dass die Stimmung lustig ist, wir machen Späße, auch mit der persischen Sprache. Dann fällt Vieles leichter.“ Nasrin lächelt. Für heute hat sie ein Stück weit aufgetankt und, ganz nebenbei, ihre Sprachkenntnisse verbessert.
Das Mentoring-Programm SOCIUS der evangelischen Kirche in Frankfurt und Offenbach Menschen zusammenzubringen, sie bei Behördengängen zu begleiten, nach Berufs- und Ausbildungschancen zu suchen, also Zugänge zum Leben in Deutschland zu eröffnen – das ist das Ziel des Mentoring-Programmes SOCIUS für Migrant:innen und Geflüchtete. Der Fachdienst wurde 2012 gegründet. Er wird aus Kirchensteuermitteln finanziert und über Landesmittel refinanziert. Seit der Gründung gab es mehr als 200 Tandems. Zurzeit engagieren sich rund 100 Mentor:innen bei SOCIUS. Das Programm wird von der Share Value Stiftung und der Naspa-Stiftung gefördert. Der nächste Ausbildungsjahrgang startet 2025
Kontakt für Interessierte: Petra Buschkämper, Teamassistentin, Evangelisches Zentrum für Beratung Am Weißen Stein, Telefon: 069 53 02-225 und E-Mail: ehrenamt.flucht@frankfurt-evangelisch.de
Mentoring-Programm SOCIUS
Den Sozialstaat, so wie wir ihn derzeit kennen, wird es in Zukunft nicht mehr geben – schon allein aus Fachkräftemangel in den sozialen Berufen. Welche Herausforderungen das für Städte wie Frankfurt und Offenbach bedeutet und welche Lösungsmöglichkeiten es gibt, ist Thema dieses Gespräches mit Diakoniepfarrer Markus Eisele, dem theologischen Geschäftsführer des Evangelischen Regionalverbandes.
Den gesamten Artikel von Antje Schrupp dazu finden Sie hier.
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Jan Schmidt zeigt in der Weißfrauen Diakoniekirche „Cluster sägen, zählen, zeichnen“
Der Frankfurter Künstler Jan Schmidt hat über Wochen und Monate in der Weißfrauen Diakoniekirche eine ganz besondere Zeichnung in einer der Deckenrauten geschaffen – mit einer Steinschleuder schoss er hunderte Kreidekügelchen hinein. „Es war schön und leicht“, erzählt Jan Schmidt im Gespräch während der Ausstellungeröffnung am 21. März. Aus einem 25 Kilo Sack mit champagnerfarbener Kreide, die er mit dem Bindemittel Traganth zu einem Teig anrührte, rollte er jede einzelne Kreidekugel mit der Hand, „wie Gnocchi“ sagt Schmidt und lächelt. In der Regel zielte er zwischen November und Februar drei Mal in der Woche für anderthalb Stunden mit der Steinschleuder in die mehr als zehn Meter hohe Decke in der Weißfrauen Diakoniekirche.
Im Moment sein Manche der mehr als 60 Besucher:innen bei der Ausstellungseröffnung empfanden die Arbeit als meditativ. „Man ist im Moment,“ sagt Schmidt, „konzentriert, um die Kugeln nicht Gott weiß wohin zu schießen“. Wie ein Gruß aus dem Kosmos wirkt die Zeichnung auf eine Besucherin. „Jan Schmidts Arbeit öffnet uns einen imaginären Himmel“, sagt Kurator Thomas Kober. Er verweist in seiner Einführung auf das römische Pantheon mit offener Kuppel, das den Blick direkt zum Himmel und den Gestirnen lenkt. Für Christen, sagt Kober, ist der Himmel „der Ort des Thrones Gottes“. Ein weiterer Aspekt: „Jan Schmidt setzte für seine Zeichnung ein sehr kostbares Gut unserer Gesellschaft ein: Zeit.“
Himmelszeichen, die Spuren im Leben hinterlassen Auf Sisyphos-Arbeit geht Diakoniepfarrer Markus Eisele in seiner Ansprache zur Ausstellungseröffnung ein. Manchmal trage auch die soziale Arbeit der Diakonie, die zum Beispiel im Untergeschoss der Diakoniekirche im WESER5 Diakoniezentrum geleistet wird, Züge von Sisyphos-Arbeit. Doch anknüpfend an Gedanken des Dichters Albert Camus: „Wir müssen uns Sisyphos als glücklichen Menschen vorstellen“, sagt Eisele. Jan Schmidts Werkzeug, die Steinschleuder, ist ebenfalls seit Jahrtausenden in Gebrauch, die Bibel erzählt von David, der sich gegen den mächtigen Goliath mit Hilfe der Steinschleuder durchsetzt: „Es ist eine archetypische Geschichte, in der sich der Kleine oder das Kleine gegen die Großen oder das Große durchsetzt“, sagt Eisele. Und: „Für mich verweisen Sie, lieber Herr Schmidt, in dieser geistlichen Umgebung auf die Spuren des Himmels hin, auf die basileia theou, die Königsherrschaft Gottes, die Herrschaft der Himmel in dieser Welt. Man kann diese Spuren übersehen. Man kann sie auch anders deuten. Aber es sind diese so oft übersehenen Himmelszeichen, die im Leben von Menschen Spuren hinterlassen.“
Aus dem Werkzeugkasten Während der Ausstellungseröffnung präsentiert Kunsthistoriker Christian Berger das gerade erschienene Buch: „Cluster sägen, zählen, zeichnen“. Die 288 Seiten starke Monographie stellt Arbeiten von Jan Schmidt von 2015 bis heute vor. Sie wurde anlässlich der Ausstellung Rosso Levanto im Museum Goch in Kooperation mit der Galerie Anita Beckers herausgegeben. Christian Berger spricht davon, wie Jan Schmidt in dem Buch „seinen Werkzeugkasten öffnet“. Dies wirke zum einen demystifizierend. Die in dem Band vorgestellten künstlerischen Arbeiten Schmidts zeichne aber auch eine „Leichtigkeit“ aus, trotz des „erheblichen Zeitaufwandes, der großen Mühe und Anstrengung“ im Schaffensprozess. So wie die eleganten fossilen Schneckenhäuser, die Jan Schmidt aus einem abgerissenen Betonpfeiler herausarbeitete. Die Leichtigkeit zeigt sich auch in der Zeichnung in der Weißfrauen Diakoniekirche aus „gegen die Regeln der Schwerkraft gefallenen Kreidestaub“.
Eine Denkpause Ratlosigkeit unter manchen Besuchenden löste Kurator Thomas Kober aus, als er zum Ende der Redebeiträge von der „vorläufig letzten Kunstausstellung“ in der Weißfrauen Diakoniekirche sprach. „Wir machen eine Denkpause, um angesichts zu geringer Besucherzahlen eine neue Konzeption zur Revitalisierung der Kirche zu entwickeln“, stellte Markus Eisele, Theologischer Vorstand des Evangelischen Regionalverbandes Frankfurt und Offenbach später richtig und unterstreicht, dass selbstverständlich auch in Zukunft Ausstellungen in dieser so besonderen Kirche gezeigt werden sollen.
Ausstellungszeiten
Die Weißfrauen Diakoniekirche öffnet auf Anfrage, Interessierte können einfach vorbeikommen und an der Pforte klingeln, beziehungsweise mit Kurator Thomas Kober per E-Mail einen Termin vereinbaren: thomas.kober@diakonie-frankfurt-offenbach.de
DEUTSCHE FERNSEHLOTTERIE fördert wichtiges Sozialprojekt
Über mehr als 87.000 Euro kann sich der Evangelische Regionalverband Frankfurt und Offenbach für sein Projekt Second-Hand-Kaufhaus „Familien-Markt – Armut lindern und Versorgung sichern“ – im Frankfurter Stadtteil Bergen-Enkheim freuen. Für die Förderung der DEUTSCHEN FERNSEHLOTTERIE musste der Träger keinerlei Eigenmittel zur Ko-Finanzierung aufbringen. Ein Sonderfonds der Soziallotterie ermöglicht dem Träger, temporär und anteilig Personalkosten abzusichern, zwei Lastenfahrräder anzuschaffen und gestiegene Energiekosten sicherzustellen.
Im Familien-Markt können Menschen mit wenig Geld Kleidung, Haushaltswaren und Möbel günstig erwerben, Wohnungslose erhalten kostenfrei Kleidung. Die Inflation und Energiekrise der vergangenen Monate haben dazu geführt, dass die Zahl der Menschen, die auf das Angebot angewiesen sind, stark zugenommen hat. „Wir sind der DEUTSCHEN FERNSEHLOTTERIE außerordentlich dankbar für die großzügige Förderung unseres Second-Hand-Kaufhauses. Auf diese Weise können wir innovative Wege gehen und unser nachhaltiges Angebot weiter aufbauen“, sagt Robert Brendel, Geschäftsführer Diakonie und Seelsorge im Evangelischen Regionalverband Frankfurt und Offenbach. „Nur dank unserer Mitspielerinnen und Mitspieler und des damit verbundenen Vertrauens in unsere Soziallotterie können wir an der Seite von wichtigen Hilfsangeboten wie dem Familien-Markt in Frankfurt Bergen-Enkheim stehen. Die hohe Inflation, gestiegene Verbraucherpreise und höhere Energiekosten haben die Spaltung der Gesellschaft noch vergrößert. Hier setzt der Hilfeansatz des Familien-Marktes an. Er reagiert mit seinem Angebot zudem auf eine weitere aktuelle gesellschaftliche Herausforderung: das Thema Umweltverschmutzung und Verschwendung von Ressourcen. Anstelle von Fast Fashion setzt er bei Textilien auf langlebige und wiederverwertbare Produkte. Für Deutschlands traditionsreichste Soziallotterie ist es eine Herzensangelegenheit, hier helfen zu dürfen“, sagt Stephan Masch, Repräsentant der DEUTSCHEN FERNSEHLOTTERIE bei der symbolischen Scheck-Übergabe.
Evangelische Kirche bietet mehrere neue Trauergruppen an
Vor dem Hospiz in der Rechnaigrabenstraße läuft eine Frau im schwarzen Mantel auf und ab. Sie schöpft Atem, wischt Tränen aus dem Gesicht. Gegenüber, auf der anderen Seite des Innenhofes, liegt das Büro von Christel Roßbach. Die freundliche Frau mit den halblangen Haaren sorgt für Trauernde: Mit neuen Angeboten geht die Koordinatorin für Evangelische Erwachsenenbildung und Seniorenarbeit auf die Bedürfnisse von Hinterbliebenen ein. Trauernde zu trösten, ist eine der Kernaufgaben der Kirchen, sagt Christel Roßbach. Die Kirchen haben jahrhundertelange Erfahrung damit, was Trauernden guttut und sie sind für sie da.
Im Grünen miteinander sprechen Im Gehen lässt sich‘s leichter reden und schweigen – deshalb startet im April das neue Format „Unterwegs mit Trauernden“. Mal führt ein Spaziergang nachmittags vom Grüneburgpark zum Botanischen Garten, mal an einem hellen Maiabend die Nidda zwischen Bonames und Berkehrsheim entlang oder an einem Samstag durch die idyllischen Schwanheimer Dünen. „Wir bieten drei Spaziergänge zu unterschiedlichen Tageszeiten mit längeren und kürzeren Wegen an, auch für Berufstätige“, sagt Christel Roßbach. Die Trauerbegleiterin und Meditationslehrerin Magdalene Lucas begleitet die Spaziergänge. Sie öffnet den Teilnehmer:innen Raum, um über das zu sprechen, was sie gerade beschäftigt. Mitgehen kostet zwischen fünf und 15 Euro, je nach Länge des Spazierganges. Anmeldungen für den ersten Spaziergang am Mittwoch, 10. April 2024, 15-17 Uhr, Treffpunkt Siesmayerstraße/Ecke Grüneburgweg, bitte bis zum 3. April, unter Telefon 069 92 10 56 678 oder E-Mail an christel.rossbach@frankfurt-evangelisch.de.
Neue Trauergruppe im April Manchmal liegt der Tod eines geliebten Menschen schon viele Jahre zurück und doch ist er noch nicht verarbeitet. Manche trauern um mehrere Personen, „die Trauer wird bei jedem Tod größer“, sagt Roßbach. Die Evangelische Kirche macht deshalb für Menschen, die eine Trauergruppe suchen, ein neues Angebot mit der Referentin Monika Müller-Hermann, einer erfahrenen Trauerbegleiterin, Diplom-Psychologin und Psychoonkologin. Das Evangelische Stadtdekanat fördert die Gruppe finanziell, die Evangelische St. Petersgemeinde ist Kooperationspartnerin. Die neue Trauergruppe startet am 18. April und trifft sich bis zum 7. November zehn Mal jeweils donnerstags von 18 bis 20 Uhr. Die Teilnahme kostet 110 Euro inklusive Vorgespräch.
Fachtag über das Sterben im Alter Mit dem Sterben im Alter befasst sich der Fachtag „Spiritualität und Alter“ am Dienstag, 18. Juni. In Vorträgen und Workshops erklingen beispielsweise Trost- und Trauerlieder, es geht um Kunsttherapie in der palliativen Begleitung oder das Dazwischensein zwischen Festhalten am Leben und dem Wunsch zu sterben. Die Kosten liegen inklusive Verpflegung bei 25 Euro. Anmeldung bitte bis zum 31. Mai per E-Mail an altenseelsorge@ek-ffm-of.de oder unter Telefon 069 20 45 76 40 30. Viel Wissen ist verloren gegangen Sterben, Tod und Trauer, sagt Christel Roßbach, werde immer noch ambivalent gelebt. Zwar suchten immer mehr Leute Trauergruppen, um das Erfahrene zu verarbeiten. Aber das Wissen um den Sterbeprozess oder wie man Trauernden kondoliert, lasse immer mehr nach. „Die Leute werden viel älter als früher, die Kinder leben woanders, Sterben und Tod sind Themen, die ein Stück weit gar nicht mehr bedacht werden.“ Andererseits erlebt die Gemeindepädagogin auch, dass viele Angst vor dem Sterben haben und – ähnlich wie beim Kaiserschnitt zu Beginn des Lebens – auch den Tod kontrollieren möchten und einen assistierten Suizid erwägen. Weil der Erfahrungsschatz verlorengeht, und viele nicht mehr wissen, wie sie sich in Trauerfällen verhalten sollen, wird die Evangelische Erwachsenenbildung im Herbst ein Kondolenzseminar anbieten.
Trauergruppe Weiterleben trifft sich erstmals am 20. März In ihrem Frühjahrsprogramm macht Christel Roßbach noch ein weiteres neues Angebot: Die „Trauergruppe Weiterleben“. Sie richtet sich an alle, die in ihrem Alltag ohne die Verstorbenen schon einige Schritte gegangen sind. „Die Erinnerung und die Trauer sind Teil ihres Lebens geworden.“ Gespräche, Lieder, kleine Rituale und Zeiten der Stille geben Kraft auf dem Trauerweg. Start ist am Mittwoch, 20. März, weitere Treffen sind am 10. Juli und am 13. November, jeweils mittwochs von 18-20 Uhr in der Evangelischen Cyriakusgemeinde in Rödelheim. Die Teilnahme kostet 30 Euro, Magdalene Lucas leitet die Trauergruppe an.
Kontakt, Information und Anmeldung, wenn nicht anders angegeben: Telefon 069 92 105 66 78 oder E-Mail christel.rossbach@frankfurt-evangelisch.de
Weißfrauen Diakoniekirche lädt zu Impulsen und Musik in der Mittagspause ein
„Sie wissen nicht, was sie tun“, dieses im Lukasevangelium überlieferte Gebet Jesu am Kreuz ist der Ausgangspunkt für die drei Mittagsgebete mit Orgelmusik, die während der Passionszeit in der Weißfrauen Diakoniekirche an der Weserstraße/Ecke Gutleutstraße zu erleben sind. Den Auftakt macht am Mittwoch, 13. März 2024, um 12 Uhr der Sozialethiker Wolfgang Nethöfel. Seine Gedanken zum Thema steuert Diakon Werner Fuchs am Mittwoch, 20. März, ebenfalls um 12 Uhr bei. In der Karwoche am Mittwoch, 27. März, 12 Uhr endet die Reihe der Passionsandachten mit dem Impuls von Diakoniepfarrer Markus Eisele.
Manfred Scheyko begleitet die 30-minütigen Mittagsgebete an der Orgel. Kurator der Reihe ist Thomas Kober.
Eröffnung der Ausstellung von Jan Schmidt in der Weißfrauen Diakoniekirche
Von November 2023 bis Februar 2024 schickte Jan Schmidt mit einer Steinschleuder tausende von Kreidekügelchen an die Decke der Weißfrauenkirche Diakoniekirche. Jede Kugel hinterließ eine Spur an der mehr als zehn Meter hohen Decke, bevor sie wieder zu Boden fiel. So schuf der Frankfurter Konzeptkünstler in einem stundenlangen Prozess über mehrere Monate hinweg scheinbar absichtslos eine Zeichnung, die an Ansammlungen von Sternen denken lässt. Kurator Thomas Kober beobachtete den Künstler dabei wie er, die Schwerkraft überwindend, diszipliniert ins Zentrum einer der Deckenrauten zielte – „mit großen Abweichungen“, sagt Kober. Für den Kurator der Diakoniekirche ist die Arbeit von Jan Schmidt „eine Initialzündung, er hat den Kirchenraum geöffnet, wir können ein Stück weit den Himmel zeigen“. Am Donnerstag, 21. März 2024 um 18 Uhr sind alle herzlich zur Präsentation der Zeichnung und zu einer Buchpräsentation in die Weißfrauen Diakoniekirche, Weserstraße/Ecke Gutleutstraße eingeladen. Es sprechen Diakoniepfarrer Markus Eisele, Kurator Thomas Kober und der Kunsthistoriker Christian Berger.
Sisyphos-Arbeit
Zentrales Thema in den Arbeiten von Jan Schmidt ist die Auseinandersetzung mit Zeit: „Er hat Zeit im Überfluss und er setzt sie für scheinbar Sinnloses ein, um unseren Effizienz- und Optimierungsprozessen etwas entgegenzusetzen“, sagt Kurator Thomas Kober. Auch das Zersägen eines Marmorblocks im Museum oder das Zählen und nummerieren der Blätter eines Strauchs sind in den Augen von Thomas Kober Sisyphos-Arbeiten: „In all diesen kraftraubenden zeitraubenden scheinbar sinnlosen Prozessen entwickelt sich etwas, es ist wie ein Spiegel, den Jan Schmidt gegen unser durchoptimiertes Ordnungssystem setzt.“
Buchpräsentation über Arbeiten von Jan Schmidt
Wer mehr über die Arbeiten von Jan Schmidt erfahren möchte, hat dazu bei der Buchpräsentation während der Ausstellungseröffnung Gelegenheit: „Cluster sägen, zählen, zeichnen“ heißt die neue 288 Seiten starke Monographie von Jan Schmidt, die seine Arbeiten von 2015 bis heute zeigt. Sie wurde anlässlich der Ausstellung Rosso Levanto im Museum Goch in Kooperation mit der Galerie Anita Beckers herausgegeben und enthält einen Text von Stephan Mann, Direktor des Museums Goch sowie ein Gespräch zwischen Jan Schmidt und dem Kunsthistoriker Christian Berger.